Geriatrische Karzinome
Krebs stellt eine typische Alterserkrankung dar. Ältere Krebspatienten werden in Tirol bald die Mehrheit darstellen. Konzepte zur Krebsbehandlung können nicht einfach „eins zu eins“ von Jüngeren auf Ältere übertragen werden. Ziel bei Älteren muss die ganzheitliche Einschätzung und die maßgeschneiderte Therapieplanung sein! Die Arbeitsgruppe geriatrische Onkologie des „Tiroler Arbeitskreis für Klinische Onkologie“ (TAKO) hat in Kooperation von Experten aus verschiedenen Berufsgruppen und Institutionen diese Empfehlungen entwickelt, die sich ausschließlich dem betagten Krebspatienten widmen. Oberstes Anliegen ist es, die Betreuung älterer KrebspatientInnen in Tirol gezielt zu verbessern.
Die vorliegenden Empfehlungen stellen eine Übersicht dar, die die Besonderheiten und die allgemeinen Prinzipien in der Einschätzung, Diagnose und Behandlung älterer KrebspatientInnen darstellt. Vorstellung und Wunsch der Autoren ist es, dass diese Prinzipien von den verschiedenen Berufsgruppen in ihrem jeweiligen Bereich angewendet und, entsprechend der individuellen Situation des Patienten und den Notwendigkeiten der jeweiligen Krebserkrankung, modifiziert werden.
Eckpunkte in der Betreuung älterer Krebspatienten
1. In Tirol ist nahezu die Hälfte der neu diagnostizierten Krebspatienten älter als 70 Jahre. Die Sterblichkeit ist bei älteren Krebspatienten deutlich höher als bei jüngeren und die Verteilung verschiedener Tumoren sowie die Prognose unterscheiden sich bei älteren und jüngeren Patienten signifikant. Für die Therapieplanung und die Risikoeinschätzung bei Älteren sind Parameter wie die altersbezogene Lebenserwartung und das relative Überleben essentiell. Die epidemiologische Situation älterer Krebspatienten in Tirol sowie die besonderen Herausforderungen in der Beurteilung statistischer Parameter bei älteren Krebspatienten werden im Beitrag von Oberaigner et al. vorgestellt und reflektiert.
2. Das geriatrische Assessment stellt mit der Erfassung Älterer in verschiedenen Dimensionen die Basis der individualisierten Beurteilung und Therapieplanung dar. Die praktische Durchführung im klinischen Alltag und die Relevanz des Assessment für die Definition des biologischen Alters sind im Beitrag von Stauder et al. dargestellt.
3. Eine wichtige Dimension in der Erfassung und Betreuung Älterer stellt die Lebensqualität dar. Die Indikationen und die Möglichkeiten der psychoonkologischen Betreuung und der psychosozialen Unterstützung sind im Beitrag von Sperner-Unterweger et al. erläutert.
4. Remobilisation und Rehabilitation nach Krebserkrankungen sind gerade bei Älteren eine notwendige und sinnvolle Maßnahme, die zu einer deutlichen Verbesserung von Funktionseinschränkungen und Lebensqualität führen können. Die Möglichkeiten der physikalischen Medizin und der Rehabilitation bei onkologischen Erkrankungen bei Betagten werden im Beitrag von Denz et al. beleuchtet.
5. State-of-the-art Empfehlungen für Ältere sind selten. Im Beitrag von Bellmann et al. wird auf die pharmakologische Therapie im Alter eingegangen. Die Herzfunktion in der Evaluierung und der Entscheidung zur zytostatischen Chemotherapie wird von Pölzl beleuchtet.
6. Die Prinzipien der Strahlentherapie im Alter werden von Popper ausgeführt.
Zukünftige Entwicklungen und Ziele
• In der Öffentlichkeit sowie in den verschiedenen medizinischen Berufsgruppen und Versorgungseinrichtungen sollte das Bewusstsein für die spezielle Situation älterer Krebspatientinnen gefördert werden. Ziel der Öffentlichkeitsarbeit sollte es auch sein das schlechte Image und die Stigmatisierung von Krebs im Alter zu verbessern.
• Die Prinzipien der geriatrischen Onkologie sollten in die Curricula aller Gesundheitsberufe sowohl während der Ausbildung als auch in der postgraduellen Weiterbildung integriert werden.
• Ältere Patienten mit Komorbiditäten und Funktionseinschränkungen sollten gezielt in klinische Studien aufgenommen werden, um valide Daten über diese Patientengruppe zu erhalten. Betagte Krebspatienten stellen nämlich bei vielen Tumoren im klinischen Alltag die größte Gruppe dar.
• Durchführung von wissenschaftlichen Untersuchungen die dem besseren Verständnis des Alterns (Aging) und der Biologie von Blut- und Tumorerkrankungen bei Älteren dienen.
Neben der Arbeitsgruppe geriatrische Onkologie des Tiroler Arbeitskreis für Klinische Onkologie (TAKO), widmen sich auch die Internationale Gesellschaft für Geriatrische Onkologie (SIOG) (www.siog.org) und der Verein Senioren-Krebshilfe (www.seniorenkrebshilfe.at) gezielt der Betreuung älterer KrebspatientInnen.
Diese Empfehlungen mögen dazu beitragen, jedem älteren Krebspatienten in Tirol eine faire Einschätzung und eine maßgeschneiderte Therapieplanung und Behandlung zukommen zu lassen! Ihr Interesse an Aktivitäten in der geriatrischen Onkologie würde uns sehr freuen.
Reinhard Stauder
Leitung und Koordination
Univ.-Prof. Dr. med. Reinhard STAUDER MSc ist der Leiter der AG „Geriatrische Onkologie“ des Tiroler Arbeitskreis für Klinische Onkologie (TAKO), ist der Repräsentant Österreichs in der Internationalen Gesellschaft für Geriatrische Onkologie (SIOG), ist Gründer und Präsident des Vereins „Senioren-Krebshilfe“ und ist Initiator der Initiative „Kampf der Blutarmut im Alter“.
Inhaltsverzeichnis
- Die Epidemiologie älterer Krebspatienten in Tirol
- Das geriatrische Assessment bei älteren Krebspatienten
- Psychoonkologie in der Geriatrie
- Physikalische Medizin und Rehabilitation bei onkologischen Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung geriatrischer Aspekte
- Pharmakotherapie
- Strahlentherapie in der geriatrischen Onkologie
- Anhang
Mitwirkende in der Arbeitsgruppe Geriatrische Onkologie
- ao.Univ.-Prof. Dr. Romuald Bellmann (Innere Medizin I, Innsbruck)
- Prim.Univ.-Doz. Dr. Hubert Denz (Innere Medizin, Natters)
- Univ.-Doz. Dr. med. Michael Fiegl (Hämatologie & Onkologie, Innsbruck)
- ao. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Fuchs (Medizinische Chemie & Biochemie, Innsbruck)
- Mag. Dr. Markus Gosch, MAS (Interne Abteilung, LKH Hochzirl)
- Univ.-Doz. DI Dr. Bernhard Holzner (Psychiatrie, Innsbruck)
- OÄ Dr. Claudia Kohl (Psychiatrie, Innsbruck)
- OÄ Dr. Susanne Maislinger (Medizinische Psychologie, Innsbruck)
- OA Dr. Anton Maurer (Innere Medizin, Kufstein)
- Bakk. phil. Martina Mitrović (Hämatologie & Onkologie, Innsbruck)
- Univ.-Prof. Dr. Erich Mur (Physikalische Medizin, Innsbruck)
- Ass.-Prof. Dr. Marina Ninkovic (Physikalische Medizin und Rehabilitation, Innsbruck)
- Dr. Willi Oberaigner (Klinische Epidemiologie, Innsbruck)
- Univ.-Doz. Dr. Gerhard Pölzl (Kardiologie, Innsbruck)
- Dr. Bela Andre Popper (Strahlentherapie-Radioonkologie, Innsbruck)
- OÄ Dr. Gabriele Schauer-Maurer (Psychiatrie, Innsbruck)
- DSA Gabriele Schiessling (Medizinische Psychologie, Innsbruck)
- ao.Univ.-Prof. Dr. Barbara Sperner-Unterweger (Biologische Psychiatrie, Innsbruck)
- ao.Univ.-Prof. Dr. Reinhard Stauder, MSc (Hämatologie & Onkologie, Innsbruck)
Satz, Gestaltung und Version
Dr. Eugen Preuß
pdl, Innsbruck
Version 1.0
Copyright: pdl 2012